Die Rolle der christlichen Kirche hat sich im Lauf der Geschichte immer wieder entscheidend verändert.
Die Kirche in der Antike
Im Römischen Reich hat sich die Kirche deutlich von der damaligen Staatsordnung distanziert. Staatliche Anordnungen wurden vielfach ignoriert. So lehnte die Kirch die Verehrung der Kaiser sowie den Militärdienst ab. Erst unter Kaiser Konstantin fand eine Aussöhnung des Christentums mit Rom statt. Der christlichen Kirche wurde die Religionsfreiheit zugesagt. Unter Theodosius I. wurde das Christentum schließlich zur Staatsreligion erhoben. Allerdings war die Kirch immer noch dem Staat und dessen Herrscher weitgehend unterworfen. Erst im Mittelalter setzte sich die Kirche langsam durch. Durch die sogenannte Pippinische Schenkung entstand im Jahr 754 n. Chr. der Kirchenstaat.
Kirche und Staat
Im 17. Jahrhundert, im Zeitalter der Aufklärung, trennten sich Kirche und Staat. Der Staat regelte bestimmte Angelegenheiten wie das Schul- oder das Eherecht selbst und war nicht mehr von der kirchlichen Macht abhängig. Kirchliche Privilegien wurden abgebaut. Schließlich wurde die Trennung von Kirche und Staat im Rahmen der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts endgültig vollzogen. Die industrielle Revolution verstärkte die Rolle des Staates, und die Kirche isolierte sich zunehmend. Die arbeitende Bevölkerung folgte der Kirche nicht mehr, sondern lehnte sich an marxistische Dogmen an. Das Erste Vatikanische Konzil 1869/70 verstärkte zwar den Zusammenhalt innerhalb der Kirche, änderte aber nichts an der isolierten Stellung der Kirche in der Welt. Im Jahr 1929 verzichtete der Papst in Rom auf jegliche Einflüsse in staatliche Angelegenheiten, und im Gegenzug entstand der Vatikan als unabhängiger Kirchenstaat. In der NS-Zeit stand die christliche Kirche erneut unter Druck. Ihre Anhänger wurden von den Nazis verfolgt. Die Kirche distanzierte sich in dieser Zeit deutlich von den nationalsozialistischen Ideologien wie auch vom Bolschewismus.
Durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) wurde der Staat von der Kirche als autonome Einheit anerkannt. Man akzeptierte die pluralistische Gesellschaft. Kirche und Staat existieren getrennt und es herrscht Religionsfreiheit.
Um die Jahrtausendwende geriet die Kirche jedoch in Misskredit. Durch zahlreiche Vorwürfe der Pädophilie wurden Kirchenvertreter an den Pranger gestellt. Es folgten zahlreiche Kirchenaustritte. Nicht zuletzt werden die kirchlichen Lehren aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr anerkannt. Die Kirche kämpft heute verstärkt um ihre Anerkennung in der Gesellschaft. Der Papst und andere Kirchenoberhäupter sind bemüht, weltoffener und liberaler gegenüber der Gesellschaft aufzutreten.